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Renaturierung von Mooren und Entwicklung naturnaher Waldkomplexe

Sonnenaufgang über dem Spechtwald

Schmalblättriges Wollgras (Eriophorum angustifolium) im Naturschutzgebiet Buddenhagener Moor

Der Spechtwald ist geprägt durch historische, klassische Landnutzungsformen. Bis in die 90er Jahre wurden sowohl der Wald als auch die umgebenden Moorgrünlandflächen wie die „Försterwiese“ oder die „Buddenhagener Wiese“ stark entwässert und intensiv genutzt. 

Im Südosten an den Spechtwald angrenzend befinden sich 8 Grundwasser-Brunnen, die Wolgast und Umgebung mit Trinkwasser versorgen.

„Die Prognosen des Klimawandels in Mecklenburg-Vorpommern legen die Auswirkungen des Klimawandels speziell im Ostteil Mecklenburg-Vorpommerns dar. Danach werden sich die Stressfaktoren für die wasserabhängigen Ökosysteme und einzelnen Lebensraumtypen, insbesondere die Moore und bestimmte Waldgesellschaften auf leichten Böden durch die prognostizierten Veränderungen der Niederschlagsmengen und deren jahreszeitliche Verteilung verstärken. Bereits auf lokaler Ebene sollte alles versucht werden, das Wasser grundsätzlich in der Landschaft zu halten, Kohlenstoff-zehrende Landnutzungsformen zu reduzieren und auf diesem Wege in den Mooren, im Niedermoor-Grünland und im Wald der Freisetzung von klimarelevanten Treibhausgasen Einhalt zu gebieten.“

Preußisches Urmesstischblatt von 1835

1998 bestand der Spechtwald aus Laubmischbeständen sowie aus naturfernen Nadelbaummonokulturen, die aus Kahlschlägen entstanden waren und entsprechend degradierte Böden aufwiesen. Großflächig waren Wälder, Moore und Wiesen durch Meliorationsmaßnahmen beeinträchtigt und an Entwässerungssysteme angeschlossen. Sie setzten somit flächig und, begleitet durch intensive Landnutzungsformen, kontinuierlich klimarelevante Treibhausgase frei. Der Grundwasserstand war großräumig abgesenkt worden.

Bereiche, die aus artenreichen und standortgerechten Laubmischwäldern bestehen, lassen den Spechtwald so attraktiv erscheinen.

Entwicklungsziele

Gleich zu Beginn der Bewirtschaftung des Spechtwaldes war es unser Ziel, den Landschaftswasserhaushalt und die naturnahe Entwicklung der Lebensräume im Wald insgesamt zu verbessern.

Bei den geringen Niederschlagsmengen und der zum Teil extremen Sommertrockenheit kann die Entwicklung des Landschaftswasserhaushaltes nur durch die Rückhaltung der Winterniederschläge im Gebiet erreicht werden. Das Ziel ist, das Niederschlagswasser zu halten und nicht ungenutzt oberflächlich abziehen zu lassen. Möglichst lange Verweilzeiten in der Landschaft ist das Ziel, damit sich auch positive Auswirkungen auf den standörtlichen Klima- und Wasserhaushalt einstellen - vor allem unter dem Aspekt der sich abzeichnenden Veränderungen der Niederschlagsmengen und –zeiten als Folge des Klimawandels.

Auch die Umwandlung von Nadelholzmonokulturen in Laubmischwaldbestände trägt zur besseren Grundwasserneubildung bei. Mit der Entwicklung von Mischwald werden die wenigen Niederschläge im Sommer nicht oberflächlich verdunstet, sondern können tatsächlich in den Waldboden versickern. 

Übergeordnete Ziele für die Entwicklung des Spechtwaldes:

  • ein kontinuierlichen und signifikanten Umbau des Waldes zu einem naturnahen Mischwald einerseits und in großen Teilen nutzungsfreiem Naturwald andererseits.
  • Förderung der Naturverjüngung (Anpassung der Wilddichte).
  • ein Waldmanagement, das die stabilen Baumarten und deren Senkenfunktion nachhaltig sichert sowie den Schutz und die Entwicklung von Naturwäldern fördert.
  • die Reduzierung des bestehenden Nutzungsdrucks und Einführung einer insgesamt klimafreundlichen Landnutzung sowohl im Wald als auch auf dem Grünland.
  • die Wiederherstellung und der Sicherung ganzjährig verbesserter Wasserstände in Sümpfen und Mooren, um Torfwachstum zu ermöglichen.
  • die Wiederherstellung und Sicherung hoher Grundwasserstände auf extensiv genutzten Moor-Standorten.
  • die Erhaltung und Entwicklung naturnaher Lebensräume (Steigerung der Biodiversität).
  • die Entwicklung des Spechtwaldes in seiner natürlichen Vielfalt zu einem Naturerlebnisraum für Besucher.
  • ein kooperatives Miteinander mit den Bürgern, benachbarten Flächeneigentümern, Gemeinden und zuständigen Institutionen vor Ort.
  • ein enger Austausch mit Universitäten, insbesondere in den Bereichen „Umweltforschung“ und „Bewusstseinsbildung“.

Maßnahmen und Aktivitäten

Bei der Umsetzung von Naturschutzmassnahmen im Spechtwald sind wir davon überzeugt, dass nur durch eine nachhaltige und extensive, klimafreundliche Landnutzung die Funktionsfähigkeit der Kulturlandschaft gewahrt bleibt und die biologische Vielfalt erhalten werden kann - eine „Klimaschutz-Landschaft Buddenhagen“ ist daraus entstanden.

Seit 1998 haben wir in diesem Sinne zahlreiche Maßnahmen im Spechtwald geplant, organisiert, möglichst sinnvoll gebündelt, begleitet und durchgeführt. Dazu gehören auch Entwicklungsmaßnahmen im FFH-Gebiet „Ostvorpommersche Waldlandschaft mit Brebowbach“ und im Naturschutzgebiet „Buddenhagener Moor“, die wir gemeinsam mit den zuständigen Behörden umsetzen.

Einbau einer Sohlgleite in den Kleinen Scheidegraben

Das hat sich schon getan

  1. Waldumbau zu stabilen Mischwäldern, um deren Kohlenstoffsenkenfunktion zu sichern (mehr als 40 ha), Beginn 1998, fortlaufend.
  2. Zertifizierung der Projektfläche nach FSC-/Naturland-Richtlinien im Januar 2000.
  3. Anlage eines oligotrophen Wiesen-Weihers (ca. 1 ha) und Pflanzung von blütenreichen Strauchinseln im Grünland im Sommer 2002


  4. Einstau von 2 Entwässerungsgräben im Wald mit einer ca. 1 ha großen Vernässungsfläche im Sommer 2002.
  5. Wiedervernässung einer entwässerten Niedermoor-Wiese und jährliche extensive Pflege, ca. 10 ha sowie ca. 1 ha Bruchwaldniederung im August 2004.
  6. Pflanzung von blütenreichen Waldrändern (ca. 4 ha) im Herbst 2005 und 2007, sowie deren jährliche Pflege, wie Mähen der Gräser und Rückschneiden der Kronen.
  7. Vollständige aus der Nutzungnahme von Altbuchen- und Eichenbereichen (ca. 25 ha), Ausweisung von Naturwäldern, um die Streuauflage und Lebensräume für „Altbaumbewohner“ zu verbessern, ab 2005.
  8. Steigerung der liegenden und stehenden Totholzanteile auf ca. 3 % des Holzvorrates.
  9. Renaturierung der Buddenhagener Niedermoorniederung (ca. 100 ha), Wiedervernässung großer Moorbereiche und Schaffung von großräumigen, flach überstauten Überschwemmungsbereichen als Gemeinschaftsprojekt: Gründung eines „Runden Tisches“ mit der Gemeinde Buddenhagen, den Eigentümern, dem Pächter, dem Forstamt, dem Wasser- und Bodenverband, dem Landesamt für Umwelt Natur und Geologie, der Unteren Naturschutzbehörde und Unteren Wasserbehörde in Anklam. Beginn der Planungen und Gespräche in 2001, jährliche Ortsbegehungen und Besprechungen, Organisation der Mitteleinwerbung und ständige Begleitung der Planungsvorbereitung und der Baumaßnahmen; Abschluss der Vernässungsmaßnahmen im Juli 2008.

    Einstau von Entwässerungsgräben

    Überstaute Buddenhagener Wiese, Winter 2008/2009


    Niedermoorbereich vor dem Spechtwald. Durch die Vernässung ist ein großer Anstieg der Laub-, Moor-, und Grasfroschpopulationen zu beobachten

  10. Verpachtung von eigenen an den Wald angrenzenden Grünlandflächen mit hohen ökologischen Bewirtschaftungsauflagen, z.B. extensive Beweidung, Verbot der Bodenbearbeitung in der Brutzeit, Verbot der Düngung und der Pestizidausbringung, Anhebung des Wasserstandes (2008).


  11. Pflege- und Entwicklungsmaßnahmen im Naturschutzgebiet „Buddenhagener Moor“ nach Vorgaben der zuständigen Unteren Naturschutzbehörde: Wiedervernässung eines Teiles des Naturschutzgebietes (ca. 30 ha) durch konsequenten Verschluss des Entwässerungsgrabens (in 2008) und flankierende Entnahme von Birken und Kiefern (seit 1999). Vergrößerung der Offenen Moorfläche und Ausbreitung von Torfmoosen, Sumpfporst, Wollgräsern, Moosbeere und weiteren moortypischen Arten.
  12. Großflächiger Umbau von Kiefernmonokulturen zu Buchenmischwald im FFH-Gebiet (auf ca. 8 ha) (2008).
  13. Aufstellen von Umweltbildungs-Informationstafeln am Hochmoor und im Wald, ständige Kontrolle und Dokumentation der Naturschutzmaßnahmen.
  14. Einstau einer ca. 6 ha großen Moorniederung durch Grabenverschließung und Anlage von Kleingewässern, Bau eines Dammes.

Ein Ausblick

In den nächsten Jahren sind folgende Maßnahmen zur Erhaltung und weiteren Entwicklung der „Klimaschutz-Landschaft Buddenhagen“ konkret geplant, in Verhandlung oder bereits in der Ausführung:

  • Rückbau einer Rohrleitung, Vernässung eines ca. 10 ha großen Erlenbruchwaldes, Entwicklung von Stillgewässern und Schaffung eines naturnah mäandrierenden offenen Gewässers.
  • Wiedervernässung eines Moorgrünlandbereiches (ca. 3 ha).
  • Pflege einer ca. 8 ha großen Feuchtwiese
  • Schaffung von weiteren an den Wald angrenzenden Pufferbereichen. Hier sollen Brachen, Sukzessionsstadien und blütenreiche Waldränder entstehen, um den Wasserhaushalt zu verbessern und die Nährstoffeinflüsse aus den landwirtschaftlichen Flächen zu vermindern.
  • Entwicklung des südlichen Verlaufes des „Scheidegrabens“ zu einem naturnäheren Gewässer mit höherem Wasserstand und Vernässung ehemals nasser Senken.
  • Wiedervernässung einer ehemals beidseitig im Uferbereich des Brebowbaches gewachsenen Erlenbruchwaldstruktur. Rückkehr zur Verbindung von Bach und Bruchwald durch sanfte Anhebung der Gewässersohle. Verminderung der Abflussgeschwindigkeit und Verbesserung des Landschaftswasserhaushaltes. 


Erlenbruchwald im „Stelzwurzelstadium“

Beteiligung der Öffentlichkeit und Umweltbildung

Neben der Initiierung von Maßnahmen für den Klimaschutz und den Erhalt der Biologischen Vielfalt steht die Einbindung der lokalen Akteure, der Gemeinden, der Pächter, der angrenzenden Eigentümer und der zuständigen Behördenvertreter bei der Planung und Umsetzung vieler Maßnahmen im Vordergrund der Aktivitäten. So konnte eine der umfangreichsten Maßnahmen, die „Wiedervernässung der Buddenhagener Wiese, in jahrelanger Vorarbeit und mit der Gründung eines „Runden Tisches Wiedervernässung Buddenhagener Wiese“ mit allen Beteiligten in 2008 gemeinsam erfolgreich umgesetzt werden.

Kremserfahrt in den Spechtwald

Parallel zu den verschiedenen Maßnahmen haben wir unterschiedliche Veranstaltungen im Spechtwald zur Dokumentation und gleichzeitig öffentlichkeitswirksamen Vermittlung der verschiedenen Initiativen zum Erhalt der Biologischen Vielfalt und Klimaschutz durchgeführt wie beispielsweise:

  1. Der „Geo-Tag der Artenvielfalt“ (www.geo.de) im Juni 2001 mit mehr als 40 Teilnehmern und Experten zur Dokumentation des Artenbestandes.
  2. Exkursionen mit der Universität Greifswald – Institut für Botanik und Landschaftsökologie.
  3. Exkursionen mit der Arbeitsgemeinschaft Naturgemäßer Waldbau und dem NABU.
  4. Natur Jugend-Camp mit dem Verein für Jugend- und Kulturarbeit im Kreis Segeberg e.V. (www.vjka.de) Schleswig-Holstein, 2008, 2009 und 2010.

    Anbringen der selbst entworfenen Flagge des Natur-Jugend Camps 2009

  5. Klimabündnis Wikiwoods Berlin (www.wikiwoods.de), 2008 und 2009.

    Umbau von Nadelholzkulturen in Mischwald mit WIKIWOODS

  6. Angebote für Exkursionen für das Maritim-Hotel/ Usedom, 2009.
  7. verschiedene Einzel-Veranstaltungen (siehe Presseartikel).


Natur-Jugendcamp 2009




Wasser ist „Leben“....

Bisherige Resultate

Der Spechtwald zeichnet sich heute aus durch einen insgesamt verbesserten Landschaftswasserhaushalt, neu geschaffene Kohlenstoff-Senken im zusätzlichen Holzvorrat, im Totholz, im ungestörten Boden und in einigen wiedervernässten Moorbereichen mit einsetzenden torfbildenden Prozessen.

Auch zeichnet sie sich durch eine verbesserte Strukturvielfalt in den verschiedenen Lebensraumtypen sowie Misch- und Laubholzbereichen, zahlreichen Totholzstrukturen und Sonderbiotopen wie Feuchtheiden, Verlandungs- und Durchflutungsmooren, Feuchtwiesen, Sumpfbereichen, naturnahen Bachläufen, Magerrasen und dem Vorkommen zahlreicher seltener Tier- und Pflanzenarten aus.

Der Spechtwald mit umliegenden Feuchtwiesen ist heute zunehmend Nahrungs- und Bruthabitat für mehr als 80 Vogelarten, unter anderem Arten wie Wachtelkönig, Schwarzspecht, Buntspecht, Grünspecht, Mittelspecht, Eisvogel, Bruchwasserläufer, Schwarzstorch, Zwergschnäpper, Waldschnepfe, Bekassine, Grauammer, Heidelerche, Rotmilan sowie Kranich und Seeadler.

Ebenso kommen hier zahlreiche Insekten und Käferarten vor, darunter mehr als 30 seltene Käferarten, die auf Totholz spezialisiert sind. Weiterhin sind anzutreffen Fischotter, verschiedene Fledermausarten, Kreuzotter, Ringelnatter, Blindschleiche, Bachneunaugen, Bachforelle, Laubfrosch, Moorfrosch, Teichmolch, Kammmolch sowie typische Waldarten wie Baummarder und Eichhörnchen. Vor allem die Populationen der Amphibien sind durch die Wiedervernässungsmaßnahmen angewachsen.

Schmalblättriges Wollgras

Die feuchten Moorbereiche des Naturschutzgebietes, bieten Rückzugsgebiete für bedrohte Tier- und Pflanzenarten. Unter anderem gedeihen hier Sphagnum magellanicum, Sphagnum rubellum, Drosera rotundifolia, Rynchospora alba, Scheuchzeria palustris, Vaccinium oxycoccus, Andromeda polifolia, Empetrum nigrum, Ledum palustre, Carex limosa, Carex vesicaria, Carex lasiocarpa, Carex rostrata.

Einige Eindrücke aus dem Spechtwald:

scheuchzeria palustris

Fuchs am Bau

Anax-imperator

Feuchtwiese mit Wachtel...

Pelztiere im Wollgras

Himmlische Ruhe...